Wild Hunt ist eigentlich ein unkomplizierter Spaß für Hobby-Jäger, doch das Geschäftsmodell trübt den Gesamteindruck.
Test: Endloser Waidmannsspaß? Nicht ganz!
Die Jagd auf Tiere ist sicherlich etwas, das die Geister scheidet. Es gibt genug Leute, die solches Vorgehen verurteilen, weil Tiere ja nun mal auch Lebewesen sind und wir sie nicht einfach so abknallen dürfen. Allerdings ist Letzteres ja gar nicht der Fall, zumindest normalerweise nicht. Es gibt ausgewiesene Jagdgebiete und dort wird nicht bloß zum Spaß auf Rehe, Wildschweine oder was auch immer für Lebewesen geschossen. Zu den Zielen der Jagd gehört zum Beispiel die Erhaltung eines gesunden Bestandes an Wild. Zu viele Tiere innerhalb eines Waldes sind nämlich nicht gut. Es gibt berechtigte Gründe für die Jagd. In Wild Hunt spielt keiner von denen eine Rolle, aber hier schießt ihr ja auch nur auf virtuelle Tiere. Wir haben uns angeschaut, was das kostenlose Browsergame auf dem Kasten hat.
Weit weg von Realismus
Jagdspiele gibt es, wenn man sie grob unterteilt, in zwei Varianten. Da wären zum einen die richtig anspruchsvollen, auf Realismus getrimmten Simulationen, also sowas wie das kostenpflichtige The Hunter: Call of the Wild. Zum anderen gibt es die simplen Actionspiele, in denen es einfach nur auf eure Zielfähigkeit ankommt und ihr nicht noch zig andere Dinge beachten müsst. Wild Hunt schlägt in letztere Kerbe. Ursprünglich war es ein reines Mobilegame, mittlerweile ist es aber auch im Browser spielbar. Dass es einst für Smartphones und Tablets entwickelt wurde, hat im Prinzip den Komplexitätsgrad vorgegeben. Denn eine richtige Jagdsimulation ließe sich vermutlich nur schwer für Geräte umsetzen, auf denen alles per Touchscreen gesteuert wird.
Dass Wild Hunt kein anspruchsvolles Jagdspiel ist, hätten wir nun also schon mal geklärt. Tatsächlich ist es sogar sehr simpel – etwas zu simpel für unseren Geschmack. Im Prinzip könnt ihr euch das Spiel wie ein Moorhuhn in 3D und ohne lustig animierte, comichaft dargestellte Vögel vorstellen. In jedem Level macht ihr nichts weiter, als aus der Ego-Perspektive auf unterschiedliche Tierarten zu schießen. Dabei könnt ihr euch nicht frei bewegen, sondern nur drehen. Dadurch entfallen Dinge, die ihr vielleicht aus anderen Genrevertretern kennt, etwa das Spurenlesen oder Anlocken von Tieren. Stattdessen wartet ihr einfach nur darauf, dass euch Rehe, Bären, Füchse und Co vor die Flinte laufen, zielt dann mit der rechten und schießt mit der linken Maustaste.
Die einzige andere Interaktionsmöglichkeit, die ihr in den Missionen von Wild Hunt habt, ist der Einsatz der beiden Hilfsmittel, die euch zur Verfügung stehen: Einerseits könnt ihr euch dank Wärmebildkamera die Schwachstellen der Tiere für einige Sekunden anzeigen lassen. Dann wird zum Beispiel das Herz markiert. So wisst ihr genau, worauf ihr zielen und schießen müsst, um ein Ziel direkt mit einer Kugel zu erlegen. Passend dazu gibt es die Möglichkeit, durch den Konsum eines Adrenalingetränks für kurze Zeit das Spielgeschehen zu verlangsamen. Das ist vor allem bei Tieren, die weit von euch entfernt sind, praktisch. Dadurch wird ein gezielter Schuss zum Kinderspiel. Beide Hilfsmittel sind endlich, damit euch die Jagd nicht zu sehr erleichtert wird. Die Getränke sowie die Batterien für die Kamera müsst ihr ständig erneut kaufen, das geht aber immerhin mit der erspielten In-Game-Währung, den Münzen.
Reise um die Welt
Was Wild Hunt an Spieltiefe vermissen lässt, macht es mit seinem Umfang zwar nicht vollends wett, aber uns gefällt, wie viel Inhalt der Shooter zu bieten hat. Zunächst wäre da die Kampagne beziehungsweise der sogenannte „Abenteuer“-Modus. Wild Hunt bietet mehrere Locations, die quer über den Erdball verteilt sind und nach und nach freigeschaltet werden. Los geht es in Alaska und Europa. Unser Heimatkontinent umfasst gleich mehrere Länder, in denen ihr im Spielverlauf auf die Jagd geht. Deutschland ist als erstes zugänglich, darauf folgen Österreich, die Slowakei, Polen und Rumänien. Doch das war es noch lange nicht: Die USA, Russland, Nordafrika, Australien und Südamerika sind ebenfalls mit von der Partie, der südliche Teil von Afrika ist bereits als Erweiterung angekündigt.
Um außerhalb der beiden Startregionen jagen zu dürfen, müsst ihr aber erst mal in Europa reichlich Erfolge sammeln. Für jedes Gebiet gibt es eine eigene Lizenz mit mehreren Stufen. Um die USA freizuschalten müsst ihr die 20. Stufe in Europa erreichen oder alternativ Banknoten, also die Premiumwährung von Wild Hunt, bezahlen. Habt ihr dann Level 20 in den Vereinigten Staaten erklommen, geht es in Russland weiter. Jede Region hat ihr eigene Fauna. In Europa schießt ihr auf Rehe, Füchse und Enten, in Nordafrika auf Warzenschweine und Krokodile und in Australien springen Kängurus durch die Gegend, während Rosakakadus durch die Lüfte fliegen.
Vielfältiges Jagdwerkzeug
Neben den Missionen des „Abenteuer“-Modus könnt ihr in jeder Region von Wild Hunt auch noch die „Panik“-Variante spielen, bei der ihr keine bestimmten Tiere erlegen, sondern einfach so viel Wild wie möglich töten müsst, bis die Zeit abgelaufen ist. Und bei der „Freien Jagd“ habt ihr die Chance, besonders seltene Exemplare zu jagen. All das bringt euch Geld ein, das ihr in neue Waffen investiert. Jede Region hat ihre eigenen Tötungswerkzeuge. Die Vielfalt kann sich sehen lassen, denn es gibt längst nicht nur die klassischen Jagdgewehre mit Zielfernrohr. Euch stehen auch Schrotflinten, Bögen, Armbrüste und automatische Sturmgewehre zur Verfügung. Ärgerlich: Einige besonders starke Schießprügel könnt ihr nur mit Banknoten freischalten.
Jede Waffe lässt sich noch in bis zu vier Kategorien verbessern, um zum Beispiel ihre Reichweite oder den Schaden zu verbessern. Auch ein größerer Munitionsvorrat ist möglich. Das geht mit der normalen Spielwährung, zudem sind Ersatzteile nötig, die ihr auf zweierlei Arten bekommen könnt. Die eine wäre das Öffnen von Lootboxen. Blöderweise könnt ihr euch die auch mit der Echtgeldwährung kaufen, oft genug werdet ihr aber auch fürs Spielen damit belohnt. Dennoch ist es schade, dass Ten Square Games auf jene Mechanik setzt, die bei Spielern doch mittlerweile so verhasst ist.
Der Wettstreit unter Jägern
Die andere Option macht gleich viel mehr Spaß. Die Rede ist vom Duellmodus, dem Multiplayer von Wild Hunt. Hier jagt ihr zur gleichen Zeit wie ein anderer Spieler im gleichen Gebiet und seht zu, dass ihr mehr Punkte sammelt als euer Kontrahent. Wer hier gewinnt, kann unter anderem Ersatzteile abstauben. Vielleicht gewinnt ihr aber auch Münzen oder sogar Banknoten. Letztere werden jedoch nur in sehr geringen Beiträgen ausgezahlt.
Der Duellmodus würde auch ohne Belohnungen Spaß machen, hat jedoch einen faden Beigeschmack. Das liegt zum einen an den Waffen, die ihr euch nur mit Banknoten kaufen könnt, zum anderen aber auch an den Ködern, mit denen ihr bestimmte Tiere anlockt, damit sie öfter auftauchen. Auch die sind nur für Echtgeldwährung zu haben. Wild Hunt kann sich nicht davon freisprechen, einen leichten Pay-to-Win-Charakter zu haben. Wir haben zwar genug Duelle gewonnen, ohne jemals Geld in das Spiel investiert zu haben, doch alleine das Vorhandensein der Möglichkeit, sich damit Vorteile zu verschaffen, trübt den Spielspaß.
Das geht sogar noch weiter: In den Lootboxen ist hauptsächlich Zubehör enthalten. Das sind Boni, die den einzelnen Tierarten zugewiesen sind und zum Beispiel den Schaden gegen sie erhöhen. Drei Stück lassen sich davon pro Waffe ausrüsten. Das Zubehör lässt sich zwar auch erspielen, aber hier gilt wie für alles andere: Wer echtes Geld bezahlt, kommt deutlich schneller voran und hat einen erheblichen Vorteil gegenüber anderen Spielern.
Das ist vor allem deshalb ärgerlich, weil die Online-Rangliste und der damit verbundene Wettstreit mit anderen Spielern ein Kernelement der Langzeitmotivation von Wild Hunt sind. Wie in kompetitiven Multiplayer-Shootern oder MOBAs gibt es Saisons und mehrere Ränge. Gute Platzierungen werden unter anderem mit Lootboxen belohnt. Zusätzlich finden regelmäßig Meisterschaften statt: Online-Turniere, bei denen ihr fürs Erlegen bestimmter Tiere Punkte sammelt, um in der Rangliste aufzusteigen. Und auch darüber lassen sich Kisten abstauben. Das System gefällt uns, aber die erwähnte Problematik sorgt dafür, dass wir es nicht vollends genießen können.
Technik, die nicht begeistert, aber zufriedenstellt
Auf technischer Ebene hingegen können wir dem Spiel wenig vorwerfen: Die 3D-Grafik ist zwar längst nicht auf dem Niveau, das PC-Spieler gewohnt sind, aber angesichts der Mobile-Herkunft und dem Fakt, dass Wild Hunt komplett im Browser läuft, macht es doch eine ordentliche Figur. Die unterschiedlichen Regionen bieten genug optische Abwechslung und die Soundkulisse weiß mit passender Country-Musik im Menü, ordentlichen Schussgeräuschen und atmosphärischem Vogelgezwitscher im Hintergrund zu überzeugen. Schade ist nur, dass die Tiere keine Laute von sich geben.
Was uns jedoch viel negativer aufgefallen ist, ist die deutsche Übersetzung. Die ist leider nicht vollständig vorhanden. Immer wieder finden sich polnische Versatzstücke, außerdem lässt die Qualität der deutschen Texte arg zu wünschen übrig. Es ist zwar schon sehr belustigend, wenn zu Beginn jeder Jagd groß in der Mitte des Bildschirms die Worte „Klicken, um zu angeln“ stehen, zeugt aber nicht davon, dass sich die Entwickler Mühe gegeben haben.
Fazit
Wild Hunt ist ein zweischneidiges Schwert. Das grundlegende Gameplay macht Spaß, auch wenn es sehr simpel ist. In der Mittagspause mal ein wenig Stress abzubauen, indem man auf Tiere schießt – dafür eignet sich das Online-Spiel ganz gut. Bis auf die schlechte Lokalisierung macht es technisch eine solide Figur. Auch das System der Rangliste und Meisterschaften sowie der Duellmodus wissen an sich zu gefallen, doch der leichte Pay-to-Win-Charakter zehrt am Spielspaß. Zu 100 Prozent können wir Wild Hunt abseits des Einzelspielermodus nicht genießen, schlicht weil wir wissen, dass wir uns mit dem Einsatz von Geld Vorteile verschaffen können – und das macht manch anderer Spieler garantiert. Würden wir Wild Hunt deshalb niemandem empfehlen? Nein, denn wer was mit der Thematik anfangen kann und ein nettes Spiel für zwischendurch sucht, wird gut bedient. Aber wir können ihm auch nicht die Wertung geben, die es mit einem faireren Geschäftsmodell bekommen würde.
- Umfangreiche Kampagne
- Breites Waffenarsenal
- Viel optische Abwechslung
- Spaßiger Multiplayer,...
- ...dem das Geschäftsmodell schadet
- Wenig Spieltiefe
- Fehlerhafte Lokalisierung