Im Test offenbart das kostenlose MMO SoulWorker, dass es zwar sehr spaßige Kämpfe, aber auch ein großes Problem hat.
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Test: Fetziges Anime-Spektakel mit Grind-Faktor
Nicht alles, was wie ein spielbarer Anime aussieht, stammt aus Japan. Doch es kommt nicht von ungefähr, dass man als Spieler bei SoulWorker zunächst an das Heimatland von Sushi und Kimono denkt. Schließlich entspricht der Grafikstil den typischen Anime-Klischees: große Augen, Mädchen in knappen Schuluniformen und übertriebene Effekte im Kampf. Tatsächlich stammt das kostenlose Rollenspiel aber aus Südkorea. Verantwortlich dafür zeichnet der Entwickler Lion Games, nach Deutschland wurde der Titel von Gameforge gebracht. Wir haben uns SoulWorker genauer angesehen und überprüft, ob es mehr zu bieten hat als nur hübsch anzusehende Kampfaction.
Weltuntergang durch Dämoneninvasion
Postapokalyptische Szenarios erfreuen sich in Videospielen großer Beliebtheit. Auch in SoulWorker steht die Welt am Abgrund: Dämonen haben sich auf der Erde breitgemacht und wollen die Menschheit ein für alle Mal vernichten. Die finsteren Wesen kamen aus einer fremden Welt, der sogenannten „Leere“, in der einst viele junge Menschen verloren gingen. Nun sind sie zurückgekehrt, doch sie haben sich verändert: Jene Leute verfügen über besondere, übernatürliche Fähigkeiten und sind somit perfekt dafür geeignet, die Dämonen zu bekämpfen und die Menschheit zu retten. Sie sind die namensgebenden SoulWorker.
In dem MMO schlüpft ihr in die Haut eines solchen SoulWorkers. Dabei stehen euch mehrere fest vorgegebene Charaktere zur Auswahl. Zum Zeitpunkt des Tests waren es fünf Stück: die Schwertkämpferin Haru, die einst Ärztin werden wollte, die mit einer Sichel ausgestattete Lilly, der ehemalige Star-Ingenieur und Revolverheld Erwin, die Gitarristin Stella und der faustschwingende Jin. Eine komplett eigene Figur dürft ihr euch nicht erstellen. Ihr könnt lediglich die Haar- und Hautfarbe eures Charakters anpassen und ihm einen Namen geben. Bei Ersterem sind die Möglichkeiten jedoch arg begrenzt, während der Name nur in den Menüs, im Chat und in der Spielwelt über eurem Helden angezeigt wird.
Weniger ist manchmal mehr
Rein aus Story-Sicht spielt aber jeder einen der fünf vordefinierten Recken. Der Vorteil daran: Alle Charaktere haben ihre eigene Hintergrundgeschichte, die hin und wieder im Spielverlauf thematisiert wird. Der Nachteil: Die Immersion leidet darunter, dass etliche Stellas, Lillys, Erwins und Co durch die Welt laufen und sich optisch allesamt stark ähneln. So wirklich rechtfertigen die Geschichten der Charaktere das Ganze aber auch nicht.
Am Anfang präsentiert euch SoulWorker noch eine aufwendig inszenierte, vertonte Zwischensequenz, doch über weite Strecken des Spiels wird die Handlung lediglich in reinen Textdialogen erzählt. Und die sind für so ein auf Action ausgelegtes MMORPG schlicht zu lang und nicht interessant genug. Die deutsche Übersetzung ist zwar alles in allem sehr gut gelungen (die Sprachausgabe ist allerdings koreanisch), die Dialoge an sich sind aber qualitativ auf niedrigem Niveau. Immerhin: SoulWorker bietet stets die Option, die Gespräche zu überspringen, so dass ihr schnell eine Quest annehmen oder abschließen und weitermachen könnt.
Das fetzt!
Dass MMOs nur in den seltensten Fällen auf Story-Ebene überzeugen, ist nichts Neues. Viel wichtiger ist doch, wie gut SoulWorker spielerisch geworden ist. Dabei stehen vor allem die Kämpfe im Vordergrund – völlig zurecht, denn die sind das Highlight des Online-Spiels. Mit Tastatur und Maus oder dem Gamepad (wobei das eher schlecht als recht funktioniert) lenkt ihr euren Charakter und schnetzelt euch in Echtzeit durch die dämonischen Horden. Jeder Charakter hat dabei eine Standardangriffscombo, eine Sekundärattacke und diverse Spezialfähigkeiten, die über die Zifferntasten ausgelöst werden.
Abgesehen von Letzterem erinnern die Gefechte in SoulWorker stark an Hack and Slays wie Devil May Cry oder die älteren „God of War“-Teile. Das liegt sowohl am hohen Tempo als auch am Combozähler. Combos sind ein gutes Stichwort, denn die Skills eures Charakters lassen sich miteinander verketten. Wenn ihr mit drei Fähigkeiten startet, drückt ihr nicht einfach die Tasten „1“, „2“ und „3“ nacheinander, um jede Attacke einmal einzusetzen. Klar, das geht auch, aber sinnvoller ist es, die drei Skills miteinander zu verketten. Für jede Zifferntaste lässt sich eine Dreiercombo festlegen. Ihr drückt dann dreimal hintereinander dieselbe Taste, um so eine Kette von Angriffen auszuführen und von Boni zu profitieren. Das System ist schnell verstanden, funktioniert sehr gut und lässt euch trotz der augenscheinlichen Simplizität genug taktischen Spielraum.
Das Charaktersystem in SoulWorker ist zweigeteilt. Auf der einen Seite sammelt ihr durch Levelaufstiege Skill-Punkte, mit denen ihr neue Fähigkeiten freischaltet oder bereits vorhandene verbessert. Dabei gibt es sowohl aktive als auch passive Skills. Auf der anderen Seite stehen die sogenannten Akasha-Fähigkeiten. Das sind Talente, die euer Charakter von Sammelkarten verliehen bekommt. Auch hier gibt es sowohl aktive als auch passive Skills, die teilweise sehr mächtig sind. Bis zu fünf Karten könnt ihr ausrüsten. Das System ist an sich eine gute Idee, doch wer richtig gute Akasha-Skills haben möchte, muss viel grinden.
Die Suche nach Abwechslung
Damit wären wir auch schon beim wohl größten Problem von SoulWorker: Wie es für asiatische MMOs fast schon üblich ist, ist der Grind ein stetiger Begleiter beim Spielen. Wer richtig gute Ausrüstung haben will, muss oftmals die gleichen Dungeons besuchen. Nun könnte man meinen, dass das nur die Hardcore-Spieler betrifft und all diejenigen, die bloß die Geschichte von SoulWorker erleben wollen, ums Grinden herumkommen. Doch das lässt die Spielstruktur nicht zu.
Der Titel ist kein Open-World-Spiel wie andere MMORPGs, sondern setzt komplett auf instanzierte Gebiete. Es gibt mehrere Hubs, in denen ihr andere Spieler trefft, Quests annehmt sowie Händler aufsucht, und von dort aus betretet ihr die Missionsareale. Dort seid ihr dann entweder alleine oder im Koop mit bis zu drei Mitspielern unterwegs. Die Areale schaltet ihr nach und nach frei, indem ihr im Level aufsteigt. Das wäre kein Problem, wenn ihr nicht schon das erste Gebiet vier- bis fünfmal hintereinander besuchen müsstet, um voranzukommen. Für jeden Dungeon gibt es mehrere Episoden, in denen sich der Levelaufbau nur minimal voneinander unterscheidet. Und wenn ihr alle Nebenquests absolvieren wollt, werdet ihr manche Episoden mehrfach spielen müssen, die für sich genommen immer gleich ablaufen.
Auch bei den Gegnern ist innerhalb eines Gebiets keine Abwechslung geboten. Im ersten Areal zum Beispiel kämpft ihr in allen Episoden gegen Wölfe sowie spinnenartige Dämonen und der Boss, der euch am Ende stets erwartet, ist schlicht ein größeres Wolfswesen. Erst im zweiten Gebiet trefft ihr auf andere Gegnertypen. Aber um dort hinzukommen, sind erst mal ein paar Levelaufstiege notwendig. Das dauert zwar keine halbe Ewigkeit, trotzdem wirkt der Weg dahin ermüdend, da ihr rund eine Stunde lang die immer gleichen Gegner in der immer gleichen Umgebung bekämpft. Und das fühlt sich dann eben nach nichts anderem als Grind an.
Wenn hübsche Grafik mehr als Beiwerk ist
Technisch überzeugt SoulWorker auf ganzer Linie. Man merkt dem Spiel zwar an, dass es nicht auf der fortschrittlichsten Engine basiert, aber etwaige optische Schwächen wie die recht detailarmen Umgebungen oder unscharfe Texturen werden durch den Anime-Stil sehr gut kaschiert. Die Charaktermodelle wirken wie aus einem japanischen Trickfilm entsprungen, sind flüssig animiert und gerade das Effektfeuerwerk im Kampf macht einiges her. Ja, SoulWorker macht vor allem deswegen Spaß, weil man sich schlicht nicht daran sattsehen kann, wie man mit spektakulären Angriffen seine Feinde auseinandernimmt. Dazu kommt ein ordentlicher Soundtrack: Actionreiche Szenen werden von fetzigem Asia-Rock begleitet, während in ruhigen Momenten schöne Klaviermusik im Hintergrund zu hören ist.
Fazit
SoulWorker hätte das Potenzial gehabt, ein richtig guter Zeitvertreib für Fans von Anime-Spielen zu sein. Dass die Geschichte wenig interessant ist und man die zu langen Dialoge gerne überspringt? Geschenkt! Die Action steht klar im Vordergrund und hier trumpft der Titel vollkommen auf. Die Kämpfe spielen sich wunderbar, sind nicht zu anspruchslos und sehen dank der aufwendigen Effekte schick aus. Doch wenn man über längere Zeiträume in die immer gleichen Dungeons muss, um dort die immer gleichen Gegner zu besiegen, nur um das Level fürs nächste Gebiet zu erreichen, zehrt das ganz schön an der Langzeitmotivation. Als kleiner Happen für zwischendurch funktioniert SoulWorker gut. Sucht ihr jedoch ein MMO, in das ihr richtig tief eintauchen wollt, gibt es weitaus bessere Alternativen.
- Flottes, spaßiges Kampfsystem
- Hübsche Anime-Optik
- Guter Soundtrack
- Interessantes Sammelkartenprinzip,...
- ...aber mit hohem Grind-Faktor
- Mangelnde Abwechslung
- Lahme, viel zu lange Textdialoge