Das Browserspiel Rage War möchte Forge of Empires Konkurrenz machen. Ob das gelingt, verraten wir euch in unserem Test.
Test: Zeitreise mit Hindernissen
Zeitreisen sind eine spannende Angelegenheit. Das hat uns Hollywood schon oft genug bewiesen, sei es im Klassiker „Die Zeitmaschine“ aus den Sechzigern, der auf dem gleichnamigen Roman von H. G. Well basiert, in „Time Bandits“ von Terry Gilliam oder in der „Zurück in die Zukunft“-Reihe von Robert Zemeckis. Warum also diese Thematik nicht mal in einem Browser- und Mobilegame aufgreifen? Das dachte sich wohl der bulgarische Entwickler Fury Studio, der seinem Erstlingswerk passenderweise den Titel Rage War verpasst hat (passend aufgrund des Studionamens). Dabei handelt es sich um ein kostenloses Strategiespiel, in dem ihr mit einer Zeitmaschine in die Vergangenheit reist - und zwar in eine sehr weit zurückliegende Ära: die Steinzeit. Blöd nur, dass die Maschine direkt zu Beginn des Spiels kaputtgeht und mehrere Einzelteile quer über die Welt verteilt sind. Doch ihr könnt euch nicht einfach so aufmachen und die Regionen nach den Komponenten absuchen, denn überall lauern Feinde mitsamt Armeen. Also müsst ihr eine eigene Stadt aufbauen und Soldaten rekrutieren, um in dieser brutalen Zeit bestehen zu können.
Ja, so wirklich von Belang ist die Zeitreisethematik in Rage War nicht. Sie dient letztendlich nur als Aufhänger für ein Aufbauspiel, das stark an Forge of Empires erinnert. Denn abgesehen davon, dass ihr, wie in vielen Strategietiteln dieser Art, eure Stadt aufbaut und Kämpfe bestreitet, arbeitet ihr euch durch mehrere Zeitalter der Menschheitsgeschichte. In Rage War gibt es einen umfangreichen Technologiebaum und indem ihr neue Dinge erforscht, schreitet ihr in der Zeitlinie voran – von der Steinzeit über die Antike bis ins späte Mittelalter. In die Gegenwart oder gar Zukunft wie in Forge of Empires geht es aber noch nicht. Allerdings hat das Browsergame von InnoGames auch schon ein paar Jahre mehr auf dem Buckel und entsprechend mehr Updates erhalten.
Städte brauchen Platz
Der Aufbaupart in Rage War könnte kaum klassischer sein. Zu Beginn habt ihr recht wenig Platz für eure Gebäude, weil das Gelände voll von Bäumen und Felsen ist, die euch im Weg stehen. Das erinnert ein klein wenig an den Anfang des Farmspiels Stardew Valley, wo ihr erst mal Platz schaffen und die unnützen Pflanzen und Co wegschaffen müsst, bevor ihr eure ersten Felder anlegen könnt. Genau das müsst ihr auch in Rage War machen, bevor ihr eure Basis so richtig auf- und ausbauen könnt.
Diese Hindernisse wegzuschaffen, kostet euch nur ein paar Sekunden und keinerlei Ressourcen. Im Gegenteil: Ihr bekommt sogar Holz oder Stein, wenn ihr die entsprechenden Objekte beseitigt. Anders sieht das aus, wenn ihr Gebäude oder Wege errichtet. Dabei müsst ihr nicht nur Ressourcen aufwenden, es braucht auch immer etwas Zeit, bis ein Bauvorgang abgeschlossen ist. Am Anfang sind das nur wenige Minuten, doch je weiter ihr im Spiel voranschreitet, desto länger dauert es, bis Häuser fertiggestellt sind – typisch F2P-Browsergame eben.
Alles in allem funktioniert das Aufbauen der eigenen Siedlung ganz gut. Es spielt sich nicht großartig anders als in anderen Genrevertretern. Das bedeutet, dass Rage War in diesem Aspekt nicht schlechter ist als ein Forge of Empires, aber es sticht eben auch nicht aus der Masse der Spiele hervor. Ein großes Manko ist jedoch, dass die Welt nur spärlich animiert ist. Zwar sieht man, dass in den Gebäuden Menschen ihrer Arbeit nachgehen, darüber hinaus passiert auf dem Bildschirm aber so gut wie nichts. In Forge of Empires laufen Bürger auf den Straßen, in Rage War passiert rein gar nichts. Bei solchen Spielen ist ein gewisser „Wuselfaktor“, wie ihn Spielereihen wie Die Siedler geprägt haben, sehr wichtig. Wenn wir auf unsere Stadt blicken und da passiert so gut wie nichts, dann fühlen wir uns automatisch weniger stolz auf das, was wir geschaffen haben. Es lässt uns sogar ziemlich kalt, so dass die Siedlung am Ende nur Mittel zum Zweck ist.
Soldaten laufen geradeaus
Aber es gibt ja nicht nur den Aufbauteil in Rage War, sondern auch noch die Kämpfe. Doch hier sieht es, um ehrlich sein, nicht besser aus – ganz im Gegenteil. Die Gefechte laufen in Echtzeit ab, doch ihr könnt nur zu Beginn, vor dem Start der Schlacht, Einfluss auf das Geschehen nehmen. Vor jedem Kampf platziert ihr eure Einheiten entweder links oder rechts der feindlichen Basis. Dabei gelten die üblichen Grundregeln der Kriegsführung: Nahkämpfer sollten eher in der vorderen Reihe stehe, die Fernkämpfer dahinter. Sobald ihr eure Aufstellung bestätigt habt, beginnt das eigentliche Gefecht.
Das Problem hierbei: Eure einzelnen Einheitengruppen laufen stets geradeaus und greifen mehr oder weniger nur das an, was auf ihrem Weg liegt. Dadurch sollt ihr taktisch überlegen, welche Einheiten ihr auf welcher Angriffslinie platziert, um alle feindlichen Truppen und das gegnerische Hauptgebäude zu zerstören, um den Sieg davonzutragen. Doch letztendlich sorgt diese Mechanik dafür, dass es den Kämpfen an Dynamik und auch an Logik mangelt. Im echten Leben würden Soldaten ja auch nicht einfach nur geradeaus und an ihren Zielen vorbeilaufen, wenn die 500 Meter weiter links oder rechts liegen. Wir verstehen zwar, was die Entwickler mit diesem System bewirken wollten, unserer Meinung nach ergibt das aber keine unterhaltsamen Schlachten. Da ist ein Forge of Empires mit seinen rundenbasierten und interaktiven Kämpfen, in denen wir stets die Kontrolle über das Geschehen haben, wesentlich besser.
Deutsche Sprache, schwere Sprache
In einem weiteren Punkt ist Forge of Empires Rage War ebenfalls meilenweit voraus: die Lokalisierung. Klar, InnoGames ist eben auch ein deutscher Entwickler, da kann man davon ausgehen, dass die deutsche Version 1A ist. Rage War ist, wie bereits erwähnt, ein Spiel aus Bulgarien, bietet aber immerhin komplett deutsche Texte. Das Problem: Die Übersetzungsqualität lässt sehr zu wünschen übrig. Wir hatten oft genug das Gefühl, dass sich die Entwickler am Google-Übersetzer bedient haben. Das ist zum Beispiel dann ein echtes Problem, wenn für Gebäude und Co im Tutorial ganz andere Namen verwendet werden als im Baumenü. Nun zeigt einem Rage War zwar anhand von grafischen Einblendungen stets, was gemeint ist, so dass es nicht zu Verständnisproblemen kommt und der Titel durchweg gut spielbar ist. Aber die mangelhafte Übersetzung ist dennoch ärgerlich, weil sie einfach dahingeschludert wirkt.
Grafik:
Rage War ist komplett in 2D gehalten, ähnlich wie die Konkurrenz. Allerdings hinkt das Spiel den anderen Genrevertretern stark hinterher. Gebäude und andere Modelle sind nicht sonderlich hochaufgelöst, was aber noch zu verschmerzen wäre, wenn die Welt denn hübsch animiert wäre. Das ist aber nicht der Fall, es passiert viel zu wenig auf dem Monitor. Das schadet letztendlich dem Aufbauspaß.
Sound:
Rage War verfügt über verschiedene Soundeffekte wie etwa Vogelgezwitscher. Das alles ist nicht auf höchstem Niveau, für die Atmosphäre aber dennoch zuträglich.
Umfang:
Rage War bietet längst noch nicht den Umfang, den ein Forge of Empires vorzuweisen hat. Doch das Spiel ist auch noch nicht so lange auf dem Markt. Bereits jetzt stecken genug Gebäude, Einheitentypen und Quests im Spiel, dass man sich sehr lange mit Rage War befassen kann.
Spielspaß:
Der Aufbau der eigenen Stadt funktioniert gut und könnte auch eine Menge Spaß machen, wenn die Siedlung doch nur belebter wirken würde. Die Kämpfe hingegen konnten uns im Test nicht überzeugen, dafür sind sie nicht dynamisch genug und dem System fehlt auch schlichtweg die Logik.
Free-to-Play-Balance:
Rage War hat die üblichen Wartezeiten zu bieten, die ihr von Aufbauspielen kennt. Natürlich gibt es eine Premiumwährung, mit der sich viele Dinge im Spiel beschleunigen lassen, etwa der Gewinn von Ressourcen. Letztendlich müsst ihr kein Geld ausgeben, um Rage War vernünftig spielen zu können, solltet dann aber vielleicht etwas Geduld mitbringen.
- Ordentlicher Umfang
- Solider Aufbaupart
- Spärlich animierten Städte schaden
- Unlogisches Kampfsystem
- Schlechte deutsche Übersetzung
Fazit
Im Bereich der Browsergames gibt es immens viele Aufbau- und Strategiespiele. Warum sollte man also Rage War spielen? Nun, der Aufbauteil ist spielerisch vollkommen solide. Nach und nach erforscht ihr neue Technologien, schaltet so Gebäude und Einheiten frei und seht eurer Siedlung dabei zu, wie sie immer weiterwächst. Das Problem ist nur, dass das eben auch viele andere Spiele bieten, die das Ganze besser in Szene setzen. Bei Rage War passiert einfach zu wenig auf dem Bildschirm. Es macht keinen Spaß, dem Treiben in der eigenen Stadt zuzusehen, weil es keinerlei Gewusel gibt. Mit seinen Kämpfen kann Rage War diesen Kritikpunkt leider nicht ausgleichen. Zwar gibt es Spiele, die diesbezüglich noch viel schlechter sind, weil die Kämpfe komplett automatisch oder gar nur im Hintergrund ablaufen. Doch die Schlachten in Rage War bieten kaum strategische Tiefe oder einen Grad an Interaktivität, der sie unterhaltsam machen würden. Am Ende bleibt also ein solides Browserspiel, das in seinen grundlegenden Funktionen dem Genrestandard entspricht und für Fans von Aufbaustrategiespielen sicher einen Blick wert ist, aber Schwierigkeiten hat, Vorzüge gegenüber anderen Spielen dieser Art erkennen zu lassen.