Damit ein Journalist oder Redakteur in dieser Branche überhaupt funktioniert, benötigt es eigentlich nicht viel. Man gebe ihm einen PC, mit dem er schreiben kann, ein passendes Spiel und ein wenig Zeit. Aber halt, irgendetwas fehlt noch. Das Antriebsmittel, das Schmiersubstrat, damit die rhetorische Leistungsfähigkeit für journalistische Geistesblitze zu lyrischen Meisterwerken führt. Oder anders ausgedrückt: Ohne Kaffee läuft erstmal gar nichts. Noch bevor der PC komplett hochgefahren ist, steht mindestens ein Schreiberling, der in einer physischen Erscheinung irgendwo zwischen Zombie und Totengräber dahinvegetiert, vor der Kaffeemaschine und beginnt mit einer stoischen Routine die allmorgendliche Prozedur. Wasser in den Tank, Filtertüte aufklappen, Pulver nach eigenem Ermessen oder geistigem Zustand rein und Kanne drunter. Sobald dann das schwarze Gold mit einem verführerischen Gluckern und Rauschen durch den Filter in die Tasse rinnt, kann der Arbeitstag starten. So weit, so gut. Eines darf aber auf keinen Fall passieren: Kein Kaffeepulver mehr vorhanden! Milch nicht da? Kein Problem, dann eben schwarz und mit Zucker. Zucker nicht da? Auch zu verschmerzen, dann schmeckt‘s halt etwas herber, Hauptsache diese erdölartige Substanz macht wach.
Nico bloggt: Das schwarze Gold des Büros
Diese Woche ist aber der Super-GAU eingetreten. Wir schreiben den 12. Februar 2013. Es ist 8:12 Uhr und 47 Sekunden. Dienstagmorgen, die Nacht war mal wieder äußerst kurz, man steht in der Büroküche und der unwahrscheinliche Fall einer unterbrochenen Kaffeenachschubkette ist eingetreten. Es ist kein Pulver mehr da…Okay, jetzt heißt es ruhig bleiben. Woher bekommt man jetzt sein Koffein? Energydrink? Keine Option, viel zu süß und außerdem kalt. Tee? Kickt nicht. Hmm, wir haben doch unten im Empfangsbereich so einen Vollautomaten mit allerlei Schnickschnack. Verdammt, ich will doch bloß einen einfachen Kaffee. Ich bin da zugegebenermaßen ein Purist. Ich will sehen, wie das Wasser in das Pulver tropft und dann langsam aus dem Filter fließt. Mir kann dieser ganze Hipster-Kram sowas von gestohlen bleiben. Ich will Kaffee und keine Kriegserklärung an meinen Geldbeutel. Ich brauche keinen Mokka, Espresso, Wiener Melange, Café crème, Ristretto, Latte Macchiato, Cappuccino oder Bicerin und To-Go erst recht nicht. Das ist etwas, um jemanden bei einem Date auszuführen oder zu beeindrucken. Ich bevorzuge morgens einen stinknormalen Milchkaffee mit ein wenig Zucker. Ende im Gelände. Aber dieses morgendliche Ritual wird mir seit ein paar Tagen verwehrt. Also nehme ich derzeit Vorlieb mit einem Latte Macchiato. Ist zwar nicht schlecht, aber habe ich schon erwähnt, dass ich Filterkaffee lieber mag?
Merke: Ohne stimulierende Substanzen funktioniert kein Redakteur, vor allem dann nicht, wenn es nicht die gewohnten sind. Zumindest funktioniere ich dann nicht, was wohl auch meinen Kollegen aufgefallen ist. Meine Texte glichen in dieser Woche mehr einen Lücken- und Ratespiel. Ich weise daher alle Schuld von mir und verteufle den Latte Macchiato aus dem Erdgeschoss für meine Texte. Mal sehen, vielleicht hilft es ja…