Es gibt in dieser Branche nur sehr wenige Produkte, die mich vom Fleck weg begeistern. Das schafft bisher meistens nur eine Firma: Nintendo. Bei allen anderen Dingen bin ich haptisch-orientierter Mensch. Ich muss die Dinge erst einmal ausprobieren, bevor ich mir eine fundierte Meinung bilde. Zwar gibt es auch hier Ausnahmen, aber generell bilde ich mir erst ein Urteil, wenn ich selbst "Hand" angelegt habe. Daher war ich sehr gespannt darauf zu sehen, was die Virtual Reality Brille Oculus Rift kann. Aber über 250 Dollar für ein Entwicklerprodukt ausgeben? Ich weiß nicht. Das Gerät als zwingendes Redaktions-Utensil kaufen, geht auch nicht. Da käme ich in Erklärungsnot, wozu eine solche Brille benötigt wird. Zum Glück arbeite ich in einer Firma, in der viele meiner Kollegen sehr technikaffin sind. Vielen Dank an Christoph an dieser Stelle, der streckenweise genauso nerdig wie ich ist und sich das Development Kit bestellt hat. Seit Ende letzten Jahres versucht er nun, mir diese Brille schmackhaft zu machen. Jetzt war es endlich soweit.
Nico bloggt: Die erste Begegnung mit der Oculus Rift Virtual Reality Brille
Was bekomme ich für mein Geld?
Die Oculus Rift kommt in der Entwicker-Version in einem schicken Köfferchen daher. Darin befinden sich alle nötigen Zubehörteile und Kabel, um sofort loszulegen. Sogar an verschiedene Linsen wurde gedacht, um Personen mit Sehschwächen das optimale Spielerlebnis zu bieten. Positiv überrascht hat mich vor allem das geringe Gewicht der Brille. Eine Software muss nicht extra installiert werden. Dennoch hat sich die Inbetriebnahme schwieriger gestaltet als gedacht. Das lag aber mehr an mir als an dem Produkt selbst. Ich hätte nur mal die Anleitung richtig lesen müssen. Aber nachdem auch diese Anfangsschwierigkeiten hinter mir lagen, konnte es losgehen. Eine kurze Recherche ergab, dass es bislang eigentlich nur eine Hand voll Spiele gibt, welche die Brille unterstützen, unter anderem Team Fortress 2. Prima, ein Free-to-Play-Shooter, der qualitativ immer noch auf einem Niveau ist, von dem einige andere Titel nur träumen können. Auch hier bedurfte es nur ein paar kurzer Handgriffe und das Spiel war für den Einsatz bereit.
Oculus Rift ist nicht die erste ihrer Art
Ich beschäftige mich nun gut zwanzig Jahre mit Games und habe dabei durchaus den einen oder anderen Trend mitgemacht und dabei einige 3D-Effekte erlebt. Das erste Mal hatte ich eine Brille dieser Art in einer Spielhölle auf. Da war ich grad mal zwölf Jahre alt. Schon damals war ich beeindruckt von der Intensität, die eine solche Darstellung mit sich bringt. Grafisch hingegen musste ich mich mit einer Optik ähnlich auf der PlayStation 1 begnügen. Nicht wirklich das Gelbe vom Ei. Es folgten der Virtual Boy von Nintendo, diverse 3D-Brillen, inklusive NVidia 3D Vision, für den PC oder jüngst der Nintendo 3DS. Bis auf die Brille in der Spielhalle war das Erlebnis als ob man in ein Diarama schaut, indem sich Objekte entweder auf mich zu oder von mit weg bewegen. Das gibt dem Spiel eine gewisse Tiefe und lässt, zumindest mich, stärker ins Geschehen eintauchen.
Das Spielerlebnis
Das Gefühl mit der Oculus Rift ist anders und das in nahezu jeder Hinsicht. Es fühlt sich an, als sei ich mitten drin. Dank der Lage- und Bewegungssensoren reichen Kopfbewegungen aus, um sich umzusehen. Zudem ist das Blickfeld subjektiv gefühlt etwas größer. Der erste Kontakt ist wirklich beeindruckend. Man muss sich allerdings erst einmal daran gewöhnen, dass nun die Spielfigur mit Kopfbewegungen, der Maus und der Tastatur gesteuert wird. Drei Ebenen, ohne den eigenen Körper zu bewegen. Es dauerte bei mir zwar etwas, bis ich mich im Spiel zurecht gefunden habe, aber dann war ich vollkommen gefangen. Nur leider scheine ich zu der Gruppe von Menschen zu gehören, die, wenn sie mit einer solchen Peripherie spielen, unter Motion-Sickness leiden. Oder anders ausgedrückt: Ich werde seekrank, weil mir ein fester Fixpunkt fehlt. Bei allen anderen 3D-Darstellungsmöglichkeiten kann sich mein Gehirn an festen Punkten außerhalb des Geschehens orientieren. Hier geht das nicht. Ich bin eben "mitten" im Spiel. Was auf der einen Seite spektakulär und intensiv ist, endete bei mir schon nach kurzer Spielzeit in extremer Übelkeit, was wohl auch meine Kollegen mir angesehen haben. Und es gibt einen zweiten Kritikpunkt. Die Auflösung ist mir noch zu gering. Insgesamt sind 1280x800 Bildpunkte vorhanden, wobei die natürlich auf jedes Auge aufgeteilt sind. Das macht es schwer, die Anzeigen im Spiel klar zu erkennen. Aber es handelt sich noch um eine Entwicklerversion. Die Auflösung der Kundenvariante soll 1080p betragen, hier gibt es also Hoffnung. Das andere Problem wird wohl kaum zu lösen sein.
Mein persönliches Fazit
Ich bin von der Oculus Rift beeindruckt, auch wenn das Gerät vermutlich komplett am Massenmarkt vorbeizielen wird. Mir ist in mehr als fünfundzwanzig Jahren Gaming-Erfahrung noch nie schlecht geworden beim Zocken, aber diese Brille hat es geschafft. Und wenn ich so die Meinungen anderer im Internet lese, scheine ich nicht der einzige Spieler mit diesem Problem zu sein. Vielleicht ist ein hektischer First-Person-Shooter im Stile eines Team Fortress 2 auch das falsche Spiel für mich in diesem speziellen Fall. Ich könnte mir durchaus Horrorspiele vorstellen, bei denen ich mir vor Angst in die Hosen mache. The Forest erscheint mir da der aussichtsreichste Kandidat, aber bis dahin muss ich leider Abstand von der Brille nehmen, denn so toll auch der Effekt ist, so sehr leide ich auch an Motion-Sickness.